Grenzen der Psychotherapie

In meinem neueren Blog „Innenreisewege“ habe ich diesen Beitrag schon gepostet, aber hier in diesem Blog, der ja bis März 20 noch als einziger stand und dessen Name ja Therapiealternative heißt und als Untertitel ‚Leben ohne Therapie‘ – gehört dieser Beitrag eindeutig hierher. Er ist ja auch ein Abgleich mit meinem früheren Leben MIT Therapie, wo es mir immer schlechter ging und ich mich während dieser Therapeutischen Begleitung immer mehr gegen die Wand fuhr, weil ich der allgemeinen Einschätzung, dass Therapie bei Kindheits-Traumen-Folgen das Mittel der Wahl ist und dass es mir nur dadurch besser gehen würde. Diesem Irrglauben bin ich viele Jahre aufgesessen und wie ich auch in der Blog-Kommunity las, wo viele Traumageschädigte von ihren erfolglosen ‚Trauma-Therapien‘ und Erfahrungen damit berichteten.

Es hilft enorm – wenn man endlich diesen Zerstörerischen Weg verlassen konnte – zu sehen und zu erleben, wie viel Schmerz und Leid so eine Überzeugung schaffen kann, wenn man zurückblickt mit Abstand und die Mechanismen erkennt, die Fehler solcher Therapien begreift und auch das eigenen Denken und Erkennen, dass es fatal sein kann, dass man immer nur die Erlösung von seinem Leid in diesem Hilfsangebot Therapie zu erkennen. Und ich bin unbeschreiblich dankbar, dass ich nun nicht mehr nach Außen starre und mir dort Hilfe suchen muss.

Aber nun zu dem Beitrag, den ich vor 2 Tagen in ‚Innenreisewege‘ gepostet habe:

„Wow, ich wünschte, ich hätte diesen Film mit seinen Aussagen vor meiner früheren Therapie-Odysee gehört – aber vielleicht wäre ich dann noch nicht dafür bereit gewesen…

 

Also im Umkehrschluss höre ich da heraus, dass all die Therapien, (die gescheiterten, abgebrochenen) und Therapeuten die ich versucht habe, um an den Punkt zu kommen, ‚dass ich begriff, dass ich eigentlich keine Therapie brauche‘. Auch die Therapeuten waren dann genau das, was ich benötigte, um zu lernen durch deren (scheinbares) Versagen genau die richtigen waren,  um mich an diesen Punkt meines Lebens zu führen. Wow!

Und eine weitere Erkenntnis nach diesem 1. Teil des Filmes lässt mich erkennen, dass mein EGO wahrhaft stark war und seine Macht keinesfalls loslassen wollte/konnte, da es sehr gut ausgebildet war (und ist) und soviel Widerstand dem entgegensetzte, was mich hätte heilen können von meinem Denksystem. Das ist grandios! Es ist unbeschreiblich wertvoll, dies im Nachhinein zu erkennen, was mich viele Jahre von der Möglichkeit der Heilung ausschloss (ich mich selbst bzw. mein EGO es mir unmöglich machte etwas anderes zu sehen und zu begreifen, weil mein EGO so felsenfest an diesem zerstörerischen System festhielt).

Und es war mir auch kein*e spirituell weitentwickelte*r PsychotherapeutIn begegnet, die/der mir da weiterhelfen hätte können – weil sie eben selbst in ihrer Welt des EGO gefangen waren (und nicht wussten, dass auch sie sich im EGO-Machtdenken aufhielten). Irgendwie hatte ich das damals schon seit vielen Jahren irgendwie gewusst…. ich schrieb oft darüber in den Beiträgen vom letzten Blog, dass ich das Spirituelle in meinen Therapien vermisste.

Aber um der Einseitigkeit nicht Raum zu geben – stimmt es ja auch, dass ich noch nicht so weit war – nicht wirklich – dass ich einer wirklich spirituellen TherapeutIn hätte begegnen können. So kämpfte ich mich mit den unvollkommenen TherapeutInnen ab weil ich mit mir selbst im Kampf war.

Mein System, das vom EGO regiert wurde, ließ nicht zu, dass jemand anderer mir helfen hätte können…. natürlich nicht, denn das EGO von mir kannte nichts anderes von Kindheit an, als dass man niemanden trauen konnte, dass sog. Helfer mir nur Schmerz zufügten und nicht wollten, dass ich überlebe.

Nur über meine geistige Führung (Hl. Geist – Heilung heißt Ganzwerden) konnte ich den Helfer, bzw. mein Glaube an einen Helfer, dem ich endlich vertrauen konnte – zulassen. Mein akzeptierter, erster Heiler/Helfer ist mein Höheres Selbst, dem ich glauben kann, dass er es wirklich gut mit mir meint (der Gott in mir). Und das ist viel – wo ich früher jahrzehntelang – mich mit Vertrauen sehr schwer tat.

Ja, und es gibt noch einen 2. Teil auf Youtube von der gleichen Quelle vom gleichen Autor und zum gleichen Thema.“

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Lange Therapiezeiten nötig?

Eben habe ich auf „Ein Blog von Vielen“ einen Beitrag gelesen, den ich für sehr wichtig halte…. deshalb möchte ich ihn hier verlinken . Dabei möchte ich aber vor allem jenen Absatz hervorheben:

Auf die Frage wie lange Menschen mit dieser Diagnose DIS und Co (die sie mir ja auch mal verpasst haben) so eine Therapie braucht:

„Die kurze Antwort ist: Entweder lange oder kurz. Oder gar nicht.
Die Realität: Es kommt drauf an. Eine psychotherapeutische Behandlung ist etwas, wofür man sich entscheiden muss. Noch vor allem anderen. Für viele Viele braucht es da nicht viel, weil die PTBS-Symptomatik zu 
erheblichem Leidensdruck führt und dem praktisch ausschließlich in psychologisch/psychiatrisch professionalisierten Kontexten begegnet wird. Heißt: Wenn du merkst, dass du an etwas trägst, wirst du sehr schnell hören: „Ouw – da geh mal lieber zu nem Profi mit.“
Viele Viele landen dann oft in diesen Kontexten, weil sie sich Leidenslinderung versprechen bzw. diese versprochen wird. Ich will damit nicht sagen, dass das falsch ist oder ausschließlich problematisch, aber für uns ist das ein Faktor, der die Länge der Behandlung mitbestimmt.
Gäbe es andere Räume, in denen man sich der eigenen Geschichte und sich selbst halbwegs save, beforscht und studiert widmen kann, würden wir nicht von einer Behandlung, sondern einer Auseinandersetzung, einem Lernprozess sprechen, der zu Leidenslinderung führt. Also Entwicklung.“

 

 

 

Wachstumswege und Puzzlestücke

Dieser Beitrag liegt nun seit ca. einer Woche hier rum – warum? Hm, erschien mir ein wenig hart für Leute, die da mittendrin stecken. Aber – zu seiner Meinung, zu seinen Erfahrungen zu stehen ist auch wichtig und dieser Blog soll Ehrlichkeit beinhalten.

So wirft das Teilchen, das da liegt, die Frage auf: Was ist das, was einem im Leben dazu bringt, einen völlig neuen Weg einzuschlagen, bzw. was fehlte damals, als ich noch meine Leidensrunden drehte und voll Verzweiflung einen Ausweg suchte. Was hat sich geändert, dass ich eine so krasse 180 Grad Wendung machen konnte? Was fehlte mir damals als ich es nicht konnte?

Der Moment, ich erinnere mich noch genau, als ich die Entscheidung traf „Nicht-weiter-so“, war nach der Therapiestunde, wo zum 17. Mal die Verteidiger in mir verhindert hatten, dass irgend etwas anderes als Abwehr möglich war. Auf der Heimfahrt traf mich die Absurdität mit Wucht. Es war ein Moment des Begreifens, dass das was ich da versuchte – zum 17. Mal – mir niemals helfen würde. Mir wurde bewusst, dass ich allein war, dass es nur an mir lag ob ich das noch weiter mache, noch viele solcher Ringkampf-Runden drehen – oder wirklich damit aufhören wollte. Da stand vor meinem inneren Auge in Großbuchstaben das Wort „SELBSTWIRKSAM“. Und ich ging nach Hause, setzte mich an den Computer und schrieb der Therapeutin die Nachricht, dass das die letzte Stunde war und sie solle die Abschlussrechnung beim Fond einreichen.

Ich fühlte eine unendliche Erleichterung – und die Gewissheit, dass nun alles nur noch besser werden konnte.

Der Moment, der da eintrat, war einfach, dass ich verstand – etwas hatte das Brett von meinem Hirn genommen – ich konnte und wollte mit einem Mal sehen, mit einer solchen Klarheit, was für einem Irrtum ich aufgesessen war: Ich wusste plötzlich, dass die Lösung nie von Außen kommen konnte, dass sie nur in mir lag, dass nur ich selbst dafür sorgen konnte, dass sich mein Leben änderte, dass ich Verantwortung für mich übernehmen musste.

Aber was war das Moment? Extremer Leidensdruck? Dass das Hirn plötzlich feststellte, dass das was ich tat zum 17. Mal (nur die bei der letzten Therapeutin genommen, die Jahre vorher mal nicht mitgerechnet) das Absurde daran plötzlich verstand? Wieso konnte ich das Jahre vorher nicht erkennen – wo ich doch in endlosen Runden dasselbe dachte und tat? Hatte eine Höhere Macht Erbarmen mit mir? Waren mir plötzlich neue Gehirnverdrahtungen gewachsen? Ehrlich ich weiß es bis heute nicht. Ich weiß nur, dass es ab da aufwärts ging, dass mein Geist und Herz offen waren – und es fühlte sich an wie ein Geschenk. Keine Mühe mehr, nein Freude und Begeisterung – endlich auf Forschungsreise gehen zu können – frei zu sein alles auszuprobieren, zu entdecken, den alten Schrott los zu lassen.

Was danach passierte ist eigentlich klar. Ich lernte, ich machte neue Erfahrungen, ich war bereit weisen Menschen – auch Menschen, die ganz unübliche Erfahrungen gemacht hatten – zuzuhören, war bereit anderen zu glauben und nicht mehr denen, die mir in der Kindheit die Sätze eingetrichtert haben, die ich mir selber sogar noch als Erwachsener stetig weiter einredete, dass ich hilflos ausgeliefert bin, dass mir nie geholfen werden kann, dass ich nichts Gutes verdient habe…. etc.. Mein Herz und mein Verstand waren in alle Richtungen offen. Je mehr neues Wissen ich in mir aufnehmen konnte, je mehr ich verstand von den Lebensregeln und Lebensgesetzen, desto leichter wurde alles. Ich setzte das neue Wissen um und besah im Rückblick meine Automatismen, lernte sie zu erkennen und sie zu stoppen. Mit großer Freude erkannte ich nun die alten Muster, die mich immer wieder in die Leidenszustände führten und konnte sie daran hindern, weil ich gelernt hatte, wie ich das unterbinden konnte. Ich war Herr/Frau meiner selbst. Ich nahm mir die Macht zurück, die mir in meiner Kindheit genommen worden war und was ich im Kinderdenken immer noch für das Denken im Erwachsenenalter  – übernommen hatte ohne es zu merken und immer noch danach gelebt hatte.

Es scheint, dass nur ein ganz geringer Prozentsatz, dazu in der Lage ist ohne Hilfe durch Therapeuten zu dieser Selbsterkenntnis/Selbstwirksamkeit zu kommen. (Aber mir scheint auch mit Therapie ist das so). Ich glaube auch nicht mehr daran, dass es wirklich sehr viel hilft, wenn die Traumatisierten diesen Heilungsweg Jahrzehnte lang durch Therapie machen – langsam und schonungsvoll von hilflosen, unwissenden, blinden Therapeuten geführt werden und glauben, dass sie mit Samthandschuhen behandelt werden müssen. Im Gegenteil, ich glaube, (so wie es bei den meisten Alkoholikern ist, dass es darum geht, den Punkt zu erreichen, der da heißt: Weitertrinken und Sterben – oder das Glas stehen zu lassen und leben). Die meisten Alkis, die zu trinken aufhörten, waren an diesem Punkt (während meines Aufenthaltes in einer Psychosomatischen Klinik, konnte ich das life sehr gut beobachten, da waren auch viele, die durch ihre Sucht kriminell geworden waren und wo es hieß: Gefängnis oder Therapie und die war sehr konfrontativ, denn wenn sie diesen Punkt verweigerten, dann mussten sie jahrelang ins Gefängnis) und konnten das 1. Glas erst dann stehen lassen als es um Leben und Tod ging. Die meisten entscheiden sich zu leben. Gut es gibt einige, die weitertrinken und sich zu Tode  saufen oder ihr Hirn dabei völlig zerstören, und einige, die eine Weile trocken bleiben und dann wieder rückfällig werden (weil sie unachtsam waren und/oder sich einredeten sie wären etwas besonderes und könnten weitertrinken ohne wieder abhängig zu werden: ein Glas wäre schon nicht so schlimm). und der Tanz wieder von vorne los geht.

Analog dazu sehe ich sehr deutlich, dass es bei Traumageschädigten eigentlich auch ein Sucht ist, zumindest bei denen, die schon lange die Leidenskreise laufen (die Sucht nach Leiden – weil so gewohnt und die Angst vor dem Neuen, das sie nicht kennen). Wenn sie lange rumeiern und diese Leidkreis-Runden drehen (Jahre, auch der Alkoholiker trinkt so lange bis seine Leber kaputt ist, sein Leben in Schutt und Asche liegt, nichts lebenswertes mehr in seinem Leben ist) kommen sie früher oder später zu dem Punkt: so weiterleben oder sterben.

Inzwischen sehe ich Therapien (und ich habe viele als schwer Betroffene in all den Jahren gemacht), nur noch als Handlanger zur Leidensverlängerung, an der sie verdienen. Das mag hart erscheinen, denn natürlich haben diese „Fachleute“ den Willen zu helfen und glauben auch, dass sie das tun, sonst verlören sie ja ihre Berechtigung. Für mich ist das nur Leidverlängerung, und wer möchte schon wertvolle Lebenszeit verlieren, wo einem doch schon als Kind die Kindheit genommen wurde. Ich bin sicher in ein paar Jahren wird sich das auch ändern und man wird in der „Fachwelt“ zu dieser Erkenntnis kommen.

Ja, und natürlich möchte jeder zu den besonders Begünstigten gehören, deren Leid durch eine äußerst kompetente Fachperson beseitigt wird. (Schon wieder diese Fiktion: ich bin etwas besonderes [wegen meinem Leid? Solange diese Fiktion im Kopf ist und verweigern, dass es Millionen gab und immer noch gibt, denen es noch weit schlimmer ergangen ist und noch immer geht, wird es nicht gelingen unsere Vergangenheit hinter uns zu lassen]. Und wir von einer Wiedergutmachung für all das Leid, dass man erlebt hat, erträumen. Wie soll das geschehen bei so wenig wirklich guten Therapieplätzen und wirklich engagierten Therapeuten, die sich mit ganzem Herzen einsetzen – nicht nur wegen der guten Bezahlung?

Ich möchte erinnern an meine Erfahrungen, dass ich nicht theoretisch darüber spreche. Ich habe in der Jugend und im jungen Erwachsenenalter Xmale Suizidversuche gemacht, die hießen alle eigentlich – ich will so nicht mehr weiterleben, so ein Leben im Schmerz und Leid ist nicht lebenswert. Ich habe sie alle überlebt, ich war nicht tot zu kriegen. Es gab eine Kraft in mir, die offenbar an mich glaubte, die mich am Leben hielt, weil ich noch etwas zu lernen hatte und mich nicht so einfach davon machen, nicht ausweichen konnte, es mir nicht so einfach machen konnte.

Ich glaube, dass so eine Kraft in uns allen ist, die gerade an jenem Punkt, wo es um die Entscheidung: ‚Leben oder Sterben‘ geht – uns herausfordert – endlich richtig zu leben und aufhören uns leben zu lassen von diesem Kinderdenken – es ist eine Aufforderung erwachsen zu werden, Verantwortung für unser Leben zu übernehmen, egal was hinter uns liegt. Eine Aufforderung, dass wir das Beste aus unserem Leben machen und es in Würde leben. Eine Aufforderung unsere Lehre durch das Leben anzunehmen. Wir sind nicht hierher gekommen auf unsere Erde, um unsere Wunden lebenslang zu lecken, nicht um nur unser Leiden zu pflegen, nicht um sich egozentrisch, um uns allein zu drehen. Es geht so vielen Menschen schlecht, und den Tieren und der Natur – für all das sind wir verantwortlich, nicht nur für uns allein. Wenn wir nur noch unser Leid betrachten ist niemanden geholfen, am wenigsten uns selbst.

Vielleicht begreift man das aber auch erst, wenn man im letzten Drittel seines Lebens angekommen ist. Vielleicht kann ich auch deshalb jetzt effektiver Lernen und Denken als früher, weil die Lebenszeit absehbar ist.

 

 

 

 

 

Zusammengezählt

Von meinem 17ten Lebensjahr an bis zum 28sten hatte ich Therapie gemacht (damals kam ich nach einem 7 monatigen Aufenthalt aus einer Psychosomatischen Klinik). Zwei Jahre später bekam ich meine Tochter (die umfangreichste Lebens-Therapie  – bisher) Mit 36  – nach einem Zusammenbruch – nochmal 3 Jahre Therapie (als der Missbrauch erinnert wurde). Dann nach 24 Jahren ohne Therapie kam der Unfall, und wieder insgesamt ca. 1,5 Jahre Therapie.

Keine der X-Therapien kamen zum Abschluß – sie scheiterten – außer der letzten, da beschloss ich selbst sie zu beenden. Es ist im Nachhinein erschreckend, dass es so lange dauerte, bis ich endlich begriff, dass Therapie nicht grad das nonplusultra für mich war. Ein falscher Weg, den ich wieder und wieder einschlug und mir Kopf und Seele schmerzhaft halb einschlug.

DENNOCH – alle seltsamen Therapiewege brachten mir Erkenntnisse über mich, die mich und meine System besser verstehen ließen – wie ich ticke – welche Mechanismen ich benutze – was mir nicht hilft – was mir schadet….. Ich lernte mich auf diese Weise kennen. Ein harter Weg, den ich da „gewählt“ hatte – unbewusst. Eigentlich die logische Fortsetzung meiner harten Kindheit – ‚Heimatgefühle‘ eben – Gewohntes. Scheinbar ging es nur so. Scheinbar konnte ich nur auf die harte Weise hilfreiche Erfahrungen machen, die mich letztlich dort landen ließen, wo ich heute bin. Nämlich endlich zu begreifen, dass es nun langsam Zeit wird – mein Leben, meine Veränderungen wieder selbst in die Hand zu nehmen, bewusst (nicht mehr getrieben) meine Wahl zu treffen welchen Weg ich gehen will. Das hatte ich schon mal relativ erfolgreich geschafft, als ich meine Tochter großzog, für sie verantwortlich war. Eigentlich hat sie mich gerettet. Die Liebe zu ihr gab mir die Kraft ihr alles zu geben was ich hatte – mich selbstlos hinten an zu stellen – eben weil ich sie liebte und ihr nicht schaden wollte. Ich wollte mit aller Kraft und allem Bemühen eine gute (eine bessere als die meine sein, das war auch mein Motor) Mutter sein.

Bilanz: meines Lebensalters von jetzt 67 Jahren hatte ich also – über den Daumen gepeilt –  ca. 16,5 Jahre Therapie. Also abzüglich lebte ich an die 50 Jahre ohne Therapie, kam mehr oder wenig gut zurecht in diesem Leben, überlebte, lernte im Laufe der Jahre drei Berufe, zog mein Kind ganz gut groß und das allein, arbeitete und verdiente Geld, um uns zu ernähren, fiel niemanden zur Last, lernte stetig dazu, machte Erfahrungen, half anderen wo ich konnte und lebte verantwortungsvoll ohne weitgehend anderen oder der Welt zu schaden. Kurz – ich schonte mich selten.

Mit meiner Geschichte kein Pappenstiel.

Ich habe was vorzuweisen – keine materiellen Reichtümer – nur die kleine Rente – aber andere Reichtümer: Meine gelungene Tochter, – meinen reichen Erfahrungsschatz, – meine Kraft, – meinen Humor (den ich trotz allem noch habe), – meinen Glauben daran, dass man alles schaffen kann: wenn man will – meine Hartnäckigkeit: niemals aufzugeben, – immerzu bereit Neues zu lernen, meine Kreativität, – meine Liebe zur Natur, – meine Fähigkeit zu lieben, – mein Streben nach Erweiterung auf allen Ebenen, – mein Einfühlungsvermögen…..

Ich wurde vom Leben herausgefordert und ich nahm diese Herausforderung an und wurde dadurch immer kräftiger, ich gab mich letztlich nie auf, ich wollte nicht, dass mich meine Eltern weiterhin zerstören konnten (über ihren Tod hinaus) ich bot ihnen die Stirn und bewies, dass sie nicht recht hatten, dass ich nicht böse war, dass ich nicht wertlos und zu nichts nutze war, dass ich nicht lebensberechtigt war.

Ein harter Kampf…. wer aus ein solchen Vergangenheit kommt, mit solchen Hypotheken belastet – hat es nicht leicht im Leben und es gibt viele Menschen, die es viel – sehr viel leichter haben und hatten. Doch ich glaube auch, dass der Sinn eines Lebens hier auf dieser Erde nicht ist „es leicht zu haben“ – wir sollten lernen solange wir hier sind und ich bin davon überzeugt, dass wir mehr lernen konnten, dadurch, dass wir nichts geschenkt bekamen, dass wir uns mordsmäßig anstrengen mussten, als so manchen, denen alles in die Wiege gelegt wurde und die Wege geebnet waren.

Wir kommen eher von der buddhistischen Richtung und glauben, dass wir schon viele Male gelebt haben – viele verschiedene Leben und Aufträge hatten. Und wer weiß schon, was wir in den Leben davor gelebt hatten, vielleicht waren wir da jemand, der sich vor Erfahrungen gedrückt haben, es uns zu leicht gemacht haben, andere verletzt….. und haben uns für dieses Leben eben vorgenommen, dass wir diesmal ’standhalten‘ und sich diesmal unseren Herausforderungen stellen werden. Dass wir vielleicht dieses Leben uns selbst ausgesucht haben, weil wir in den anderen Leben immer ausgewichen sind, oder nicht lernen wollten, den bequemeren Weg gegangen sind….

Ja, und ich will nicht vergessen zu erwähnen: Der Glaube an etwas Höheres als wir kleine Menschen uns vorstellen können, auch der war ungemein wichtig und half mir sehr, all das durchzustehen, am Leben  und positiv zu bleiben.

 

 

 

Rückblick

Je länger es nun zurück liegt, dass ich diese seltsame Therapie hinter mir ließ, desto klarer wird mein Blick und ich frage mich tatsächlich – wo ich wohl da hingeraten bin mit meinem Irrweg unbedingt Therapie machen zu wollen, dort die einzig wahre Lösung zu suchen.

Vor einigen Wochen schrieb mich eine Viele-Frau an – privat – nicht über den Blog. Sie war bislang stille Leserin meines Melinas-Blog und des neuen. Sie schrieb mir weil sie mich auf meinen neuen Weg bestärken wollte (sie hat auch viel Therapie gemacht, die schief gegangen ist.

Ich zitiere sie – weil ich ihre Sichtweise sehr, sehr interessant finde und sie mit Euch teilen möchte:

„….Wir sind schließlich ebenso wie Du zu dem Schluss gelangt, dass die klassische Therapie nichts für uns ist. Wir glauben, dass sie nur Menschen helfen kann, die in der Kindheit auch positive Erfahrungen mit der Mutter oder anderen erwachsenen Bezugspersonen gemacht haben. Das war bei uns nicht der Fall. Daher haben sich im Gehirn keine „Rezeptoren“ entwickelt, an die die klassische Therapie andocken könnte. Unsere Grunderfahrung früher war die, dass jeder Erwachsene, der sich näherte, Täter war, Mittäterin oder uns zumindest verletzt hat. Therapie als ein ungleiches Verhältnis mit einem Machtgefälle hinter geschlossenen Türen bringt daher nackte Angst und Verzweiflung nach oben. Und unerfüllte Liebessehnsucht des kleinen Kindes, die in therapeutischen Beziehungen ebenfalls unerfüllbar ist, da die Therapeutin sich nicht wirklich auf eine echte Nähe und dauerhafte Bindung einlässt. Darf sie gar nicht, es würde als unethisch gesehen.
Klassische Therapie versetzt uns also tatsächlich wie ein Sog in die schrecklichen Erfahrungen von früher zurück, ohne diese zu heilen. Und das braucht kein Mensch. Unsere Innenpersonen sagen heute klar, dass sie keine therapeutischen Experimente mehr wollen. Wir sind aber ziemlich überzeugt von unserer Selbstwirksamkeit, da wir so vieles schon selbsttätig bewältigt haben. Wir sind dabei oft Wege gegangen, die quer lagen zur klassischen DIS-Therapie. So hatten wir zum Beispiel auch unsere „Grünlinge“. Doch wir haben mit dem „Feind im Inneren“ nie den respektvollen Dialog gesucht, sondern diese Wesen als verlängerten Arm des Täters gesehen und ihnen einen langen Kampf geliefert. Schließlich hat unser System beschlossen, dass unsere Psyche kein Tummelplatz für Ungetüme ist (sie kamen nie in menschlicher Gestalt daher), und sie rausgeschmissen bzw. in die Hölle verbannt, wo sie hingehören. Wenn sich selten doch nochmal eins blicken lässt, handeln wir sofort und schicken es dorthin zurück. So stark sind wir mittlerweile, unsere Psyche gehört uns und nicht dem Täter. Und es geht uns überhaupt recht gut. Draußen wird es Frühling und innen ist auch Frühling….
Wir glauben, dass der Schlüssel zur Überwindung traumatischer Kindheitserfahrungen die Überwindung der damit einhergehenden früh- oder kleinkindliche Hilflosigkeit und Ohnmacht ist. Für manche Menschen mit DIS mag dies in Therapien geschehen. Um ehrlich zu sein, gibt aber das, was andere Betroffene im Internet schreiben, wenig Grund zu der Annahme, dass die Therapien wirklich wirken. Eher scheinen sie das Gefühl der Hilflosigkeit und Selbstunwirksamkeit oft noch zu verstärken, in Abhängigkeiten zu führen und die Patienten in qualvolle innere Widersprüche und Konflikte zu verstricken.
Auf der einen Seite entwickeln diese in DIS-Therapien extreme Vorstellungen dessen, was ihnen irgendwelche Täterkreise alles angetan haben, auf der anderen Seite glauben sie selbst nicht, dass sie dies alles wirklich erlebt haben. Wir hatten noch nie Probleme damit, uns selbst zu glauben, und in den letzten 30 Jahren keine größeren Zweifel daran, dass wir in der frühen Kindheit gewaltsam missbraucht worden sind. Wir hatten einige Berührungen mit der DIS-Szene, u.a. auch über eine Selbsthilfegruppe. Aber wir stehen dieser Szene ambivalent gegenüber: Einerseits sind es die Menschen, die uns am ähnlichsten sind. Andererseits ist es eine Subkultur, in der jede noch so bizarre Empfindung und jedes exzessive Leiden schon wegen kleinster Kleinigkeiten erlaubt ist: „Ich bin schwer traumatisiert und Viele, daher darf niemand irgendwas von mir verlangen oder erwarten, dass ich irgendwas hinkriege.“
Wir hatten auch bizarre Empfindungen und sind durch ganz viel Leiden hindurchgegangen, aber den Luxus, nicht mal die einfachsten Alltagsdinge zu bewältigen, haben wir uns nie zugestanden. Wir kamen ganz lange überhaupt nicht auf die Idee, dass Alltag und Traumaverarbeitung gleichzeitig nicht zu schaffen sein könnten. Und so haben wir zu der DIS-Szene in Bezug auf ihre Therapiegläubigkeit und – wie wir meinen – Kultivierung von Hilflosigkeit einen Grundwiderspruch. Andererseits war unser Weg aus dem Trauma ein sehr langer und steiniger und wir wollen es nicht ausschließen, dass jüngere Frauen mit DIS über Therapien schneller zum Ziel kommen…“

Das ist starker Tobak, und wäre ich noch in dem Irrglauben gefangen, dass ich alleinig durch Therapie „geheilt“ werden könnte (und noch immer in Therapie, wäre ich empört). Wie gut, dass sie mir erst schrieb, als ich den ‚Pollys Weg ohne Therapie – Blog‘ schon eine ganze Weile führte. Vorher wären die Botschaften, die sie mir mitteilte mit Garantie weggeklickt worden und ich hätte sie nicht überprüft.

Wir hatten seit dieser ersten email weiteren Kontakt in dem wir uns noch weiter unterhielten.

Jetzt bin ich aber neugierig….. 😉