Mein Fokus liegt in der Tat auf den Untersuchungen der Mechanismen, die mich früher immer ins alte Leid abrutschen ließen. Da waren wir noch völlig unbewusst und Spielball von alten Gefühlszuständen und glaubten sie wären auch in der Gegenwart noch aktuell.
Paulas letzter Beitrag „Leid zulassen, ohne sich darin zu verlieren“ hat mich jetzt nochmal gründlicher über dieses Thema nachdenken lassen. Das ist natürlich in meiner jetztigen Situation ganz leicht, denn es geht mir wirklich gut, so gut, dass ich es selber kaum fassen kann, wenn ich daran denke, wie ich vor einem Jahr noch drauf war.
In einer positiven Lebensphase ist es schwierig die Frage von Paula an mich: „Du schreibst über das Suchen nach den (gedanklichen) Hintergründen und über Distanz, die wichtig ist. Erlebst Du auch manchmal, dass es sein muss, Gefühle einfach da sein zu lassen, ohne (sofort?) für eine Erklärung oder Pause zu sorgen?“ – zu beantworten, wie es einem mit leidvollen Gefühlen geht….
Meine Antwort darauf ist eine Gegenfrage: Warum sollte ich das? Denn es sind die alten Leidgefühle um die es meist geht, wenn wir uns darin verlieren bzw. früher verloren haben. Sie sind eigentlich gar nicht mehr da, nicht wirklich, gehören der Vergangenheit an, sind aktuell nur da, wenn ich sie durch ständiges daran Denken, stets darüber reden oder Schreiben oder ständiges Suchen nach alten Leid/leidvollen Erfahrungen oder auch der Angst davor….fördere. Unser Kopf gaukelt uns (gewohnheitsmäßig vor, dass wir immer noch so hilflos unseren Gefühlen von damals ausgeliefert sind wie als Kind). Das ist das Gewohnheitsmuster, das es zu entlarven gilt. Sobald wir erkennen, dass es völlig unnötig ist, diese alten Muster zu wiederholen – sind wir befreit von der Hilflosigkeit von damals und können endlich unser Schicksal unser Leben selbst in die Hände nehmen und es neu gestalten.
Eine meiner Innens, die zur Zeit sehr aktiv ist und auch schon immer war – ist meine ‚Klara Gründlich‘. Sie hilft mir sehr in dieser neuen Phase und sie ist sehr achtsam und will immer verstehen. Ich habe ihr viel zu verdanken.
Also bei Automatismen habe ich schon lange daran gearbeitet, dass ich die Distanz oder Pause reinkriege – das war früher immer extrem schwierig und es waren (wie ich im Nachhinein immer feststellte) ausnahmslos immer alte unbewusste Gefühle (aus der Kindheit… Reste von traumatischen Erfahrungen), die durch irgend etwas oder von jemanden (unbewusst) angetriggert worden waren. Das kann jederzeit natürlich wieder eintreten, da wir ja eine schlimme Vergangenheit hatten und viele Erfahrungen gemacht wurden, wo wir uns damals hilflos fühlten. Aber wir wissen ja inzwischen wie es geht.
Und dazu hat Dami Charf schon vor langer Zeit etwas in einem ihren Filmchen gesagt (und ich glaube, ich habe das auch irgendwo in meinen Blog vor Jahren reingestellt). Und zwar, dass es völlig unnötig ist in den Therapien diese alten Erfahrungen wiederzubeleben, indem man ständig darüber spricht (sie wieder her holt oder gar sucht) z.B. dass das für die Aufarbeitung gar nicht nötig ist oder sogar retraumatisierend sein kann. Sondern, dass es sich sowieso zeigt, was noch nicht verarbeitet ist von damals – und zwar in unserem jetzigen Erleben (wie wir die Welt wahrnehmen, welche Menschen uns wie triggern, in welche unguten Situationen wir immer wieder geraten etc. durch dieses in Resonanz gehen mit dem früher Erlebten) Und man es dann anschauen kann, und es als altes Erleben entlarven, das inzwischen völlig überflüssig ist und uns nur behindert.
So mache ich es auch ohne Therapie (das Leben selber ist ja Therapie). Schwierigkeiten, werden beleuchtet, wenn sie da sind und deren Hintergründe dann erforscht, aus welchen alten Begebenheiten sie immer noch genährt werden und sobald wir das erst mal erkannt haben – verschwinden sie meist, oder wenn sie nochmal kurz auftauchen – wissen wir sofort: Aha, das kennen wir doch…. und dann brauchen wir es gar nicht mehr leben. So arbeiten wir Stück für Stück die alten Gefühle auf, wir werden nicht mehr von ihnen gelebt, sie haben keine Macht mehr.
Also muss ich diese alten Traumagefühle tatsächlich immer wieder durchleben und durchleiden? Können wir wirklich heile werden, wenn wir sie immer gedanklich herholen und wieder unter ihnen leiden? Ehrlich – ich glaube das nicht mehr. Erst wenn wir begreifen, dass dies uraltes Leid ist, das ja nicht besser wird, wenn wir es ständig wiederbeleben und wiederholen…. erst wenn wir es genau betrachten und das Gestern trennen von unserer Gegenwart, wenn wir sehen, dass auch Leid ein Gewohnheitsmuster ist und wir es ernsthaft wollen, uns davon zu lösen… und die Übergänge zu diesem alten Leiden heraus gefunden haben und aufmerksam beobachten…. und bewusstes, entschiedenes Denken dagegen setzen – erst dann können wir uns befreien. (Irgendwann ist dann ein anderes Verhalten zur neuen Gewohnheit geworden) Niemand anderer kann das tun, nur wir selbst! Keine Therapeuten, Psychiater …. man kann es ja stetig in den Blogs von Leuten lesen, die immer wieder neu ihre Therapierunden drehen, ohne wirkliche Veränderung. Verändern tun sich nur im Laufe der Zeit, die Therapeutenszene… mal dieses Angebot, dieses neue Technik, diese neue Herangehensweise, neue Therapeuten…. Das Leid bleibt, – höchstens, dass man ein bisschen Ruhepausen und Hoffnung hat, wenn man einen Therapeuten findet, der uns einmal wöchentlich ein wenig kurzlebigen Trost spendet.
Ich glaube nicht daran, dass bezahlte Helfer uns das jemals geben können, was wir glauben zu brauchen (dass andere uns helfen, andere uns den Trost der Kindheit jetzt als Erwachsene ersetzen können). Vielleicht kann Therapie Mut machen, dass wir uns auf unsere Stärken vertrauen können, dass andere Menschen an uns glauben können, dass aus all dem, was uns widerfahren ist – auch Gutes erwachsen ist…. dass wir von der Kinderhilflosigkeit in die Handlung kommen…. uns dem stellen , dass Vergangenheit nun mal unwiderbringlich vorbei ist, dass wir noch viele Chancen haben unser Leben in die Hand zu nehmen und unsere Zukunft gestalten können – anders als es bisher war – das alte Leid hinter uns lassen können. Wir brauchen im aktuellen Leben tröstende Freunde (wenn uns dann Schicksalschläge ereilen), Menschen, denen wir vertrauen können, Menschen, mit denen wir uns austauschen können, mit denen wir lachen können und gemeinsam Neues ausprobieren können.
Ich sehe einfach keinen Grund und keinen Sinn mehr mich ständig mit den vergangenen Verletzungen zu beschäftigen (das habe ich weiß Gott lange genug gemacht), sie sind Vergangenheit und wenn mich im aktuellen Leben davon noch etwas beschäftigt, dann schau ich es genau an, fühle nach woher das kommt und versuche zu verstehen warum es mich immer noch belastet und begreife dann, dass es nicht mehr nötig ist, oder was ich gegen diese belastenden Situationen jetzt tun kann, damit sie mir nicht weiter mein Leben vergällen. Nein, ich sehe keinen Grund diese alten Leidgefühle nochmal zu durchleben, sie auszuhalten, denn sie sind gar nicht wirklich da in der Gegenwart – auch wenn uns das unser Ego (Verstand) vorgaukelt, weil er es nicht anders kennt und weil er die Leidensdramen liebt – die sind eine Ersatz-Lebendigkeit, die wir damit befördern.
Das Einzige was mich bei Paulas Beitrag noch nachdenklich macht ist, dass ich wahrscheinlich immer noch zu wenig meinen Körper fühle, das muss ich noch mehr üben glaube ich, d.h. ich muss ihm mehr Aufmerksamkeit widmen, auch wenn ich das nicht gerne tue, weil ich es wirklich langweilig finde. Die Freude kann ich schon recht gut im Körper ausdrücken und fühlen und auch die Dankbarkeit, dann kann ich spüren, dass mein Körper entspannt ist. Aber da muss ich noch weiter forschen – vielleicht fühle ich das ja auch alles und beachte es nicht weiter, weil es ja selbstverständlich ist, z.Bsp. wenn unangenehme Gefühle auftauchen, dass man dann einen Klotz im Bauch spürt oder den Knoten im Hals, wenn man traurig ist, oder unruhig ist, wenn man in einer unsicheren Situation ist oder einer gegenüber einen grad nervt.
Vielleicht gibt es da ja noch mehr zu fühlen, von dem ich gar nichts weiß – vielleicht kenne ich sowas noch gar nicht – möglich. Ich bin dankbar wenn ich keine oder wenig Körper-Schmerzen habe, nach dem Unfall – und wenn ich mich körperlich nicht überfordere, dann komme ich mit meinem Körper ganz gut zurecht. Ich habe gelernt was meinem Körper gut tut und welche Grenzen ich einhalten muss und wenn ich das mal nicht tue, dann muss ich mit den Konsequenzen leben.