Persönliche Freiheit

In unserem philosophischen Kurs ging es heute um persönliche Freiheit (letztes Mal um Freiheit und da das ein so großes Thema ist, haben wir es nun noch einmal zusätzlich geteilt). Dieses Mal ging es um persönliche Erfahrungen mit der Freiheit. Die 2 Stunden verflogen wie im Fluge. Und alles läuft eigentlich wieder darauf hinaus, dass man auch um die eigene Freiheit  leben zu können, sehr gewissenhaft darüber nachdenken muss und mehr Bewusstsein – für die vielen Facetten von Freiheit des Einzelnen, entwickeln muss. Auch Freiheit benötigt eine Entscheidung, denn Freiheit ohne Verantwortung gibt es nicht.

Wenn wir uns beispielsweise frei dafür entscheiden eine Familie zu gründen oder für die Freiheit Kinder zu haben, oder die alte Mutter/Vater zu pflegen…, so beinhaltet das auch, dass wir ein Stück weit unsere anderen Freiheiten aufgeben müssen, weil solche Entscheidungsfreiheiten, eben auch Verantwortung mit sich bringen und wir uns einschränken müssen in anderen Bereichen von Freiheit. Es ist dann eine frei gewählte Freiheit/Verantwortung, die uns vielleicht in anderen Dingen unfrei macht.

Ein interessanter Gedanke war auch bei diesem Thema, dass die Freiheit in einer bestimmten Art und Weise auch vielerlei Konsequenzen mit sich bringt, nämlich da wo der eigene Ausdruck der Lebensfreiheit, oft auch anderen Menschen nicht gefällt, oder andere Menschen stört …. verletzt…. (weil wir ihre Erwartungen vielleicht nicht erfüllen). Es ist also sehr wesentlich, dass wir uns über die Konsequenzen von Freiheitsausübung sehr bewusst werden, und wir Stärke entwickeln müssen auf unseren frei gewählten Weg, wenn wir unseren Weg authentisch gehen wollen. Es ist wie eine Gratwanderung und in unserem Bewusstsein muss erarbeitet sein, wie viel uns unser freiheitlicher Lebensweg bedeutet und wie viel wir dafür zu geben bereit sind.

Ich kann jetzt nicht über die ganzen 2 Stunden hier schreiben, da waren viele gute Gedanken dabei, viel Stoff und Anregung um darüber nachzudenken und sich bewusster zu werden.

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Die wahre Freiheit

Immer noch liebe ich es diese umfangreiche 9stündige CD mit MP3 Titeln nachts zum Einschlafen und beim Aufwachen zu hören. Ja, und auch des nachts laufen ja die Texte durch. Ich lasse mich also berieseln mit Texten von Eckhart Tolle.

Hi hi, das ist wie Gehirnwäsche. Nun, Gehirnwäsche und Dauerbeeinflussung wird ja in der Regel nicht gerade positiv gewertet. Aber seien wir mal ehrlich, wir werden doch dauernd berieselt von Fernsehen, Radio, Lautsprechern in Einkaufsläden, Werbungen, Meinungen von Fremden, Bekannten, Sprüchen auf Litfasssäulen und irgendwelchen Medien. Meist sind das Berieselungen, die wir gar nicht wollen, bzw. oft gar nicht wahrnehmen – uns aber durchaus beeinflussen. Und nicht zu vergessen, die vielen Stimmen in unserem Kopf – viele davon, die pausenlos Verurteilungen, negative Glaubenssätze, Abwertungen und Belanglosigkeit – unentwegt ungefiltert von sich geben.

Da finde ich es gar nicht so schlecht mich von jemanden, dessen Texte ich gut finde, jemanden, den ich schätze – berieseln zu lassen, also die Berieselungswahl selbst zu treffen.

Heute zum Beispiel, wachte ich mit dem Satz von Tolle auf: Wenn uns jemand begegnet, der uns aufregt, weil er uns entwertet (oder wir uns entwertet fühlen – sind ja zwei ganz verschiedene Sachen) – könnten wir ja mal üben, das auszuhalten und nicht gleich hochgehen. (Ist sicher sehr förderlich auf Beziehungsebenen)

Denn er sagt: nicht widerstreben,  nicht anhaften, nicht urteilen, sei die wahre Freiheit des Menschen.

Interessant für mich ist auch, dass Tolle viel mit Metaphern arbeitet um Lesern, Hörern etwas nahe zu bringen. So steht die Metapher für nicht anhaften hier als Beispiel:

„Mag sein

Die Geschichte [handelt]  vom Weisen, der in der Lotterie ein teures Auto gewann. Seine Familie und seine Freunde freuten sich für ihn und kamen, um mit ihm zu feiern. „Ist das nicht wunderbar?“, sagten sie. „Du bist ein Glückspilz!“ Der Mann lächelte und sagte: „Mag sein.“

Ein paar Wochen lang machte es ihm Freude, mit dem Auto herumzufahren. Dann stieß eines Tages auf einer Kreuzung ein betrunkener Autofahrer mit ihm zusammen, und er musste mit zahlreichen Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden. Seine Angehörigen und die Freunde besuchten ihn dort und sagten: „Das war aber wirklich Pech!“ Wieder lächelte der Mann und sagte: „Mag sein.“

Eines Nachts, während er noch im Krankenhaus lag, wurde sein Haus von einem Erdrutsch ins Meer gerissen. Am nächsten Morgen kamen die Freunde und sagten: „Hast du ein Glück gehabt, dass du unterdessen hier im Krankenhaus warst!“ Wieder sagte er: „Mag sein.“

Das „Mag sein“ des Weisen steht für die Weigerung, etwas, das geschieht, zu bewerten. Statt es zu bewerten, akzeptiert er es und fügt sich dadurch bewusst in eine höhere Ordnung ein. Er weiß, dass mit dem Verstand meist nicht zu begreifen ist, welchen Stellenwert ein scheinbar zufälliges Ereignis im Geflecht des Ganzen einnimmt und welchen Sinn es hat.“

Den Seinen gibts der Herr im Schlaf oder die Geschichte: Alles geht vorüber

Ja, wirklich – seit ich auf dem Weg des Wachstums bin – fallen mir immer mehr Puzzleteile zu, die als nächstes in die Lücke passen. Und es ist wirklich so, dass ich solche Puzzlestücke tatsächlich (manchmal) im Schlaf erhalte – im wahrsten Sinne des Wortes. Vielleicht liegt es daran, ob wir diese „Weiterführungen“ nur dann bekommen und sie entdecken, wenn wir sie für möglich halten und offen für sie sind?

Derzeit höre ich zum Einschlafen wieder Eckhart Tolle – diesmal „Die neue Erde“ und diese CD funktioniert nicht richtig (keine Ahnung warum) sie hat nämlich ein Eigenleben. Sie läuft durch bis zum Schluss (und da bin ich schon lange eingeschlafen) und fängt nach einer Pause irgendwann wieder von vorne an oder auch zwischendrin. So geschieht es, dass ich in der Nacht aufwache oder auch am Morgen, und immer wieder neue Teile von der CD zu hören kriege und mein Tag mit Tolle endet und auch anfängt.

Heute wachte ich auf und plötzlich fing die Stimme wieder an und ich hörte, diese Metaphergeschichte, die diese CD grad zitierte (ich hatte sie schon mal vor Jahren woanders und ein wenig anders gelesen):

„Es war einmal ein König, der war sehr unglücklich, denn sein Leben war ein einziges ‚auf und ab‘ – kaum war er glücklich so passierte etwas und es ging bergab. Er ertrug es nicht mehr und wollte nicht mehr leben. Da machte er in seinem Königreich einen Aufruf: Er würde jenen reich belohnen, der ihm helfen könnte. Die ganzen Weisen im Reich waren ratlos. Schließlich kam ein Bettler zu ihm und sprach: „Ich gebe Dir etwas, das so viel wert ist, dass Du es nicht bezahlen könntest, aber ich schenke es Dir“. Und er gab ihm einen Ring, aber mit der Order, dass er die Inschrift darauf erst lesen durfte, wenn er sich wieder so fühlte, wie dass alles verloren sei. Der König steckte den Ring an und als er eines Tages wieder so verzweifelt war, dass er nicht mehr leben wollte, besann er sich auf die Worte im Ring und nahm den Ring ab und las die Inschrift: Auch dies geht vorüber.“

(Das war die Kurzfassung)

Das Geheimnis der Geschichte enthüllte mir schon am frühen Morgen – was des Pudels Kern war in meiner derzeitigen Lebensgeschichte. Denn es ist mir schon seit einer Weile ein wenig unheimlich, dass es mir schon so lange gut geht und da ich die Gesetze der Hermetik kenne – ist da ja immer ein Gegenpol. Und es beschäftigte mich vor Kurzem Vergissmeinnichts Kommentar auf einem Beitrag bei mir auf dem Blog sehr, wo sie schilderte, dass es ihr schon einmal so gut ging und dann alles zusammenbrach.

Ist ja nicht so, dass ich auch ängstliche Momente habe und natürlich würde ich mich auch über einen Rückfall in die alten Muster nicht grade freuen – auch wenn ich glaube, dass ich nun genug ‚Rüstzeug‘ gelernt habe, um da wieder schnell raus zu kommen.

Der Schlüssel und das Geschenk dieser Metapher ist (hier kann man die längere Form, die im Netz zu lesen ist – anschauen) wirklich hilfreich, da geht es nämlich auch um die Kehrseite, dass wenn man gerade sehr glücklich ist und die Inschrift des Ringes liest – man viel begreifen kann.

Es geht wieder einmal um Bewusstsein. Wenn uns bewusst ist, dass alles irgendwann vorüber geht, muss man in schlechten Zeiten nicht verzweifeln und in den guten Zeiten können wir uns erfreuen, und sie schätzen und gleichzeitig ist uns bewusst, dass wir unser Herz nicht zu sehr dran hängen dürfen, (nicht gleich unser ganzes Leben davon abhängig machen wenn irgendwas nicht gleich klappt) denn auch das geht einmal vorüber.

Den Frieden und die Freiheit in uns erreichen wir erst dann, wenn wir uns von den Bewertungen (Glück ist gut und Unglück ist schlecht) befreien.

 

 

 

Befreit?

Bin ich wirklich von den Traumen befreit? Kann man das je sein? Sind sie nun für immer weg? Ist das eine Illusion? Bleibt doch was hängen?

Ehrlich, ich weiß es nicht – ich weiß nur eins: Ich fühle mich soviel besser – positiver – ganzer – hoffnungsvoller – neugieriger – harmonischer – freudiger – mutiger – liebevoller – ausgeglichener und kann mit ganzem Herzen bejahen, dass es mir jetzt wunderbar gut geht. Jetzt – und auch schon eine ganze Weile.

Ich werde wohl immer stressanfälliger sein als Menschen ohne größere Traumaerlebnisse, ich werde wohl immer noch leichter im Innen zu kippen sein, wenn Vergangenheitserinnerungen auftauchen, mich ähnliches im Leben triggert. Aber ich weiß auch, dass ich stark bin und dass ich für Schicksalsschläge gut gerüstet bin. Ich fühle meine Stärke und Zuversicht. Und ich spüre keinen Zweifel mehr, dass ich nicht gewappnet bin gegen schlimmere Situation. Natürlich kann ich nicht in die Zukunft schauen, was da noch für mich bereit liegt, was da noch in meinem Leben Unbekanntes am Wegrand liegt, aber ich habe keine Angst mehr.

Ich habe mir soviel ‚Handwerkszeug‘ in den letzten Monaten erarbeitet – keine vorübergehenden Skills – sondern Methoden, die mich weiter begleiten werden, Hilfen die mich stärker und bewusster gemacht haben (und ich werde weiterwachsen und noch mehr lernen, was mich noch stärker macht). Ich halte jetzt mehr aus, das spüre ich deutlich. Ich habe Vertrauen in meine Kraft, in das, was ich auf meiner Lebensreise gelernt habe, bin bewusster geworden. Ich bin kein Alien mehr, ich fühle mich zugehörig zu den Menschen, denen ich tagein tagaus begegne. Fühle mich eingebunden und nützlich, werde gebraucht. Ja, und ich bin dankbar, dass ich aus meinem Sumpf mich habe befreien können, quasi mich selbst an den Haaren aus dem alten Morast – aus meiner falschen Identität gezogen habe. Etwas mir vorher unmöglich erscheinendes ist mir gelungen.

Statt meiner ständigen Hilferufe nach Befreiung vom Leid – ist an die Stelle große Dankbarkeit und Erleichterung getreten – so dass ich nun endlich da bin, wo ich hin wollte.

Der Aufwärtstrend in den letzten Monaten ist fast ohne Unterbrechung gelungen. Ich bin neugierig, wie ich mich bewähren werde, wenn auch mal nicht so sonnige Zeiten vor mir liegen. Aber ich zweifle nicht daran, dass ich sie bewältigen werde.

Das Festhalten meines Weges hier im Blog, hat dabei sehr geholfen besser zu sehen, was mich verändert hat, meinen Weg aus dem Leid zu finden.

Opfersein 2 – Anatomie

Wie kam es also dazu, dass ich aus der Opferrolle aussteigen konnte?

Ehrlich gesagt hat es dazu einen ewig langen Weg gebraucht und ich musste viele leidvolle Stufen durchleben, bevor ich erwachte.

Seltsamerweise fühlte ich mich als Kind – als ich all diese quälenden Dinge erlebte – überhaupt nicht als Opfer. Wahrscheinlich hatte ich kein Bewusstsein darüber, was ein Opfer war. Ein Tier das gequält wird spürt zwar den Schmerz, aber es hat kein Bewusstsein und kann nicht denken „mein Besitzer o.ä. quält mich und das ist unrecht“. So ergeht es Kindern wohl auch. Sie nehmen es hin als Gegebenheit und entwickeln ihre Schmerzvermeidungsverhalten, sie weichen aus, entwickeln unbewusst Strategien um Leid zu entgehen.

Die erste Phase ist dabei wohl, mit allem Sinnen verstehen zu wollen wie der Quäler gestrickt ist, um zu vermeiden oder sich darauf vorzubereiten. Die zweite Phase beginnt, wenn wir genügend gelernt haben, den uns Schmerz zufügenden Tätern zu begreifen und einzuordnen. Bei mir war das so, dass dann nicht mehr alleinig das Erdulden von Schmerz und Erniedrigung – im Vordergrund stand, sondern allmählich auch ein strategisches Handeln zur Vermeidung von Schmerz möglich war, wenn auch auf einer sehr niedrigen Stufe, irgendwie instinktiv. Gleichzeitig identifizierte ich mich mit den gequälten Haustieren, die noch hilfloser waren als ich und rettete so mein Mitgefühl – nicht für mich – aber für diese Geschöpfe. Bis heute ist das so geblieben, es macht mich fuchsteufelswild wenn ich sehe, dass Tiere gequält oder falsch gehalten werden.

Die nächste Phase  war der Übertritt in Hassgefühle. Durch Beobachtungen außerhalb meiner Familie registrierte ich sehr wohl, dass nicht jedes Kind geschlagen wurde, nicht jedes Kind gequält wurde und ich fing an auf einer unbewussten Ebene Gründe zu erkunden, die erklärten: warum ich? Meine Gründe, die ich damals fand – waren vielfältig und gespalten. Ein Teil von mir glaubte die Aussage: Ich wäre schlecht und hätte den Teufel im Leib, der andere glaubte das nicht und suchte eine andere Erklärung. Wohl schon sehr früh rettete ich mir das Bild eines gerechten, guten Gottes (eine sehr katholische Erziehung seitens meiner Großmutter wirkte da wohl mit) indem ich den Glaubenssatz entwickelte: „Ich bin hier um das Leid der Welt zu tilgen“ – In einer Therapie in jungen Erwachsenenjahren entdeckten wir ihn und damals war ich sehr berührt davon, denn ich fühlte das Kind in mir sehr deutlich, das diesen Glaubenssatz entwickelt hatte – in höchster Not – weil es keine bessere Erklärung für sein Leid fand. Ich wurde von da ab ein freiwilliges Opfer – jesusgleich. So ließ sich mein Leid besser ertragen, es bekam Sinn.

Heute sehe ich das im Rückblick so, dass mich diese ‚Lösung‘ davor bewahrte ein gewalttätiger Mensch zu werden, denn ich duldete alle Misserfolge ohne groß dagegen zu rebellieren. Zugleich war diese Lösung auch ein Gegengewicht gegen die Aussagen meiner Erziehungsberechtigten, dass sie falsch lagen, dass ich den Teufel in mir hatte und dass sie unrecht hatten, ich widerlegte sie ja damit, dass ich ähnliches tat wie Jesus (ich litt für die Menschheit). Ich war gut, denn ich schaffte das Leid der Welt ab, überall wo ich war. Mein Leben hatte Sinn.

Erst mit 17 war ich fähig mich anders zu betrachten und damit auch das Leben. Während meine gleichaltrigen Freunde um mich herum sich für Jungs, Partys, Discos interessierten hörte ich Klassische Musik, ging in Kirchenkonzerte, und sprach mit älteren Personen über Gott und stellte viele Fragen über das Leben. In dieser Zeit traf mich mein Leid mit Wucht. Ich sah das Unrecht mit vollem Bewusstsein, sowohl in meinem Leben, als auch in der Welt. Das war die Zeit wo ich Gott verlor. Ich konnte nicht mehr an ihn glauben, ich verzweifelte an der Welt und den Menschen. Ich sah nur noch Elend und Unrecht, um mich herum, einschließlich meines. Mehr als 10 Jahre folgte nun die Phase in der ich nicht mehr leben konnte, nicht mehr leben wollte und es wechselten sich die Zeiten ab – von Selbstmordgedanken, Therapieversuchen/ Suizidversuchen und Aufenthalte in Krankenhäusern und Psychiatrien. Trotzdem gab es auch in dieser Zeit Episoden von ein wenig Ruhe und „normalen Lebens“ – dank meiner so wunderbar funktionierender Alltagspersonen, denen es gelang, die Leidenden und Verzweifelten in mir in Schach zu halten. Heute finde ich es ein Wunder und gleichzeitig ein Geschenk, dass wir so starke, so fähige Alltagsleute in uns haben, mit denen wir es schafften einen Beruf zu lernen, ihn jahrelang gut auszuüben – (von den Zusammenbrüchen zwischendurch abgesehen).

Meine letzte Phase, die mich aus dem Leid schälte, war mein 7monatiger Aufenthalt in einer Psychosomatischen Klinik – wo man mich nach einigen Versuchen mich in Therapien einzubringen – kläglich gescheitert waren (sogar dort versuchte ich mich umzubringen). Dort sagte man mir es wäre besser keine Therapie mehr zu machen. (Man verriet mir damals nicht den Grund, aber heute denke ich, dass mich jede Therapie an den Eigentod führt). Aber ich war dort in dieser Klinik in alle anderen hilfreichen Gegebenheiten eingebunden. Ich bekam kleine anderweitige Aufgaben und nahm an Wanderungen, Frühsport, Autogenem Training, Morgenmedition, täglichen Versammlungen, Gestaltübungen, Malen…. etc. teil. In der Zeit wo die anderen in den Therapiegruppen waren hatte ich Freizeit und stromerte meist in der umliegenden schönen Gegend herum. Ich lebte ziemlich frei dort und erholte mich, zu den Essenszeiten musste ich immer da sein und  die gerade aufgezählten Angebote waren für mich verpflichtend. So verließ ich als neuer Mensch damals die Klinik und fühlte mich total stark und mächtig mein Leben zu gestalten. Einen kurzen Rückfall hatte ich noch in die Hilflosigkeit, als ich merkte, dass ich wohl doch nicht immer in dieser allmächtigen Position sein konnte. Ich dachte wieder an Selbstmord, ging aber kurz zu Besuch nochmal in die Klinik zurück, wo man mir begreiflich machte, dass das Leben ein Auf- und Ab ist und es normal war, auch mal ein Tief zu haben. Und allmählich akzeptierte ich von da an, dass das Leben schwingt.

Erst mit 28 Jahren gelang es mir diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Als dies geschah war das Leben für mich eine völlig neue Erfahrung – schon damals begegnete mir die erste Stufe von Selbstwirksamkeit. Ich konnte mich anders Betrachten und bemerkte, dass es außerhalb von meinem Elend noch anderes gab.

Kurz nach der Klinik war ich auch bereit für eine gesunde Partnerschaft und 3 Jahre später gebar ich meine Tochter. Sie war das Heilsamste für mich um zu lernen, zu erkennen, wie stark einen Liebe und Verantwortung für jemand macht. Alles konzentrierte sich auf ‚das gute Mutter sein wollen‘ und dass ich gelernte Erzieherin war und viel las, half mir sehr meiner Tochter das geben zu können, was ich von meiner Mutter nie bekam. So wie ich es heute aus der Distanz erlebe, war es sehr heilsam für mich diese ganzen Phasen der Kindheit zusammen mitzuerleben, ein Stück weit nachzuerleben, was mir gefehlt hat und was ich nun meiner Tochter schenken konnte.

Und ich habe gelernt, dass ich nun kein Opfer mehr bin und dass ich mich durch nichts und niemand mehr zum Opfer machen lasse. Dass ich eine Wahl habe!

 

 

 

Altes vs. Neues

Ich habe vor 2 Tagen mal wieder in die alten Blogs von früher reingeschaut, von denen von DIS und Co. aus der Zeit als ich die Diagnose erhalten hatte und mich zugehörig fühlte, als ich dort noch viel Trost bekam als es mir so schlecht ging – weil nichts mehr funktionierte (damals bekam ich für diesen selbstdestruktiven Leidensweg auch noch viele Likes und Kommentare und ich finde es immer noch komisch, dass ich für meinen neuen konstruktiven, positiven Weg im neuen Blog kaum Likes oder Kommentare bekomme, inzwischen denke ich auch, dass diese Tröstungen in den Kommentaren wie eine Bestätigung sind, um weiter im Leid zu verharren). Als ich in diesen Beiträgen las, wurde mir ganz heiß und als ich meinen Blutdruck maß, weil ich auch noch Kopfschmerzen bekam, war er ziemlich erhöht. In der Nacht darauf konnte ich nicht schlafen und ich merkte, dass ich krank wurde, ich musste ständig nießen und husten. Am nächsten Tag war diese Erkältung, mit Husten, Rotz und Halsbeschwerden voll aufgeblüht. Ob da ein Zusammenhang war?

Ich schaue ja in die alten DISblogs nur noch selten rein, aber manchmal muss ich einfach mal nachschauen, wie es den „alten Freunden“ geht, weil ich mich sorge um sie. Aber dann merke ich jedes Mal, dass sie nur weiter ihre ausweglosen Runden drehen. Das regt mich auf und macht mich traurig. Auch wenn ich weiß, dass sie durch diese Phase durchmüssen um zu begreifen, dass sie nicht für ewig in diesem gruseligen Netz gefangen sind, dass es durchaus Auswege daraus gibt – wohl weniger durch Therapie (oder nur wenn es ein wissender guter Therapeut ist und sich nicht selbst verwickelt). Aber es gibt alternative Möglichkeiten aus diesem Schreckens-Karussell auszusteigen.

Wenn ich tatsächlich deshalb krank geworden bin, weil das Lesen dieser alten Blogs meine Immunkraft derart geschwächt hat, so dass ich angreifbar war, dann zeigt mir das doch, wie krankmachend dieses Denken von früher ist und wie sehr mein jetziges Sein, durch diese Inhalte geschwächt werden und etwas in mir das keinesfalls mehr will und sich gegen diese toxischen Gedanken wehrt.

Ehrlich gesagt vermeide ich es sogar in meinem eigenen früheren Blog zu DIS-Zeiten zu lesen, denn ein bisschen schäme ich mich sogar für meine Verirrungen und die Blindheit von damals. Ja, Gedanken können wirklich zerstörerisch sein und sogar in den Selbstmord führen. Aber es gehörte eine Weile zu meinem Weg, damit ich endlich begreifen konnte, dass ich selbst die Quelle meiner Kraft bin und sie nicht länger ausschließlich im Außen suchen muss – weil in uns sehr viel Gutes, Konstruktives, Heiles schlummert, dass durch die Kindheitstraumen nur verhindert wurde, dass wir es entdecken konnten. Der heile Teil in uns, führte uns heraus und diesem weisen Teil in uns vertrauen wir auch weiter.

Weiterwachsen, weitergehen, mehr verstehen…..

das ist mein Weg! Über die Grenzen des Gewohnten hinaus, aus der Komfortzone des üblichen Denkens hinaus. Neues wagen, für möglich halten, ausprobieren, auch zu den nicht so perfekten Seiten stehen, die Automatensätze nicht ständig herausplappern oder das Denken bestimmen lassen, sich nicht mehr selber niedermachen (so wie die es früher gemacht haben mit mir, als ich noch hilflos war), ich bin jetzt fähig selbst zu entscheiden, was ich sein will, ich bin jetzt erwachsen und kann dran arbeiten, mich zur Wehr setzen. Ich entscheide ob ich noch länger leiden will ….. Es ist gar nicht so schwer, wenn man erst mal die Entscheidung gefällt und damit angefangen hat  – und sich nicht ständig umsieht nach dem, was einmal war…. die Augen auf das Kommende richten, Freiheit von äußeren, inneren Zwängen einzufordern – frei von all dem Ballast aus früheren Zeiten zu leben. Kleine Schritte machen – nicht alles auf einmal ändern wollen, nicht so hohe Ansprüche an die Welt oder an uns selbst…. Weiterlesen

Umschreibgeschichte3

Gewohnheit

Es ist wieder soweit, der Tanz hat begonnen. Die Jagd um den Tisch – Amelie ist schnell, sie rast, sie rennt immer rundherum. Sie blickt nicht in sein Gesicht, sie weiß es auch so, dass es jetzt immer röter wird, vor Wut, vor fehlender Atemluft, vor Anstrengung. Gut, sehr gut – so geht es ihm wenigstens auch nicht gut.

Sie unterdrückt den Impuls raus zu rennen ins Freie, aus der Küche – es würde nur alles hinauszögern, würde nicht helfen, aber er ist nahezu nicht beherrschbar. Jetzt, jetzt ist der Moment da wo sie sich stellen kann, sie bricht die Runde am Küchenbuffet unterm Fenster in der Ecke ab und macht sich klein – setzt ihren unsichtbaren Helm auf, macht den Rücken rund und wird leer. Ganz von weitem hört sie das Trommeln auf ihrem Körper, es dröhnte laut und die geschrienen Worte – wahrscheinlich Beschimpfungen – dringen nicht durch zu ihrem Verständnis. Es sind nur Töne, gedämpft durch das Trommeln und die Leere in ihrem Kopf.

Irgendwo in diesem Film weiß Amelie, dass ihre Mutter da ist, sie wird wie immer wortlos daneben stehen, aber sie wird wie immer nichts tun bis…. .es ihrer Tochter gelingt die Tote zu spielen, sich nicht bewegen war jetzt dran, schlaff werden, leblos – sicher wird sie wieder ihr hilfloses : Du schlägst sie ja tot – einwerfen. Warum wartet sie so lange? Was wenn Sie es diesmal nicht ruft? Dann will ich auch tot sein, denkt Amelie, dann will sie mich tot haben und es ist vorbei.

Aber wenn sie erst tot wäre, dann würde sie ihn, den Stiefvater als Geist verfolgen. Sie würde ihn zu Tode erschrecken, sie würde sich rächen bis in alle Ewigkeit.

Und Mutter würde weinen, sie wäre jetzt allein mit diesem Ekel, konnte ihren Hass auf mich und ihre Entäuschung nicht mehr loswerden an mir. Und es wäre gut, wenn sie weinte. Sie sollte alle Tränen weinen, die Amelie nicht weinen wollte, weil sie ihm die Genugtuung nicht vergönnte.

Da war es wieder das jammerige: Hör auf, hör auf, Du schlägst sie ja tot.

Ein paar Schläge noch, dann durfte sie aufstehen, die Holzscheite standen schon bereit. Ein kurzer Blick auf sein Gesicht genügte ihr, er war jetzt blass und hielt sich sein Herz. Sein Herz? Denkt Amelie, er hat doch gar keines. Theater ist das und wenn nicht auch gut, nein besser.

 

Gewohnheit

Es ist wieder soweit, der Tanz hat begonnen. Die Jagd um den Tisch – Amelie ist schnell, sie rast, sie rennt immer rundherum. Sie blickt nicht in sein Gesicht, sie weiß es auch so, dass es jetzt immer röter wird, vor Wut, vor fehlender Atemluft, vor Anstrengung. Gut, sehr gut – so geht es ihm wenigstens auch nicht gut.

Sie rennt nach 15 Runden um den Tisch hinaus ins Freie, hinaus in die Sonne. Der Schäferhund Renni läuft ihr laut bellend und fröhlich hinterher – sie laufen um die Wette. Sie lief so schnell, dass die Hühner links und rechts auseinander stoben. Hinter sich hört sie IHN schreien, doch sie klappt die Ohren zu, sie weiß eh, dass es nur Schimpfworte und Drohungen sind, die sie schon tausend Mal gehört hat.

Die beiden – der Hund und Amelie – rannten den Abhang runter in Richtung Wald – ihr geliebter Wald – dort fühlte sie sich zu Hause – nicht dort wo sie herkam.

Schließlich ging ihr die Puste aus – und sie warf sich ins Moos – Renni stürzte sich auf sie und leckte ihr das Gesicht. „Hör auf, hör auf“– lachte sie und zog ihn zu sich runter und da lagen sie gemeinsam eine Weile und atmeten tief. Amelie sah in die Baumwipfel hoch, wie sie leicht hin und her schwangen und dahinter der wolkenlose blaue Himmel. Nach einer Weile standen die beiden auf und marschierten weiter, immer noch weiter vom Haus weg. Sie kannte diesen Wald wie ihren Garten. Amelie begrüßte die dicke Föhre, die ihr jeden Herbst die schönen Föhrenzapfen zum Mobile basteln schenkte und lehnte sich an sie. Sie schloss die Augen und spürte die Kraft des Baumes in ihrem Rücken.

Sie schlenderten noch Stunden umher und allmählich musste sie den Rückweg antreten, es war zu kalt um draußen zu übernachten. Die überlegte: wenn sie jetzt zurückkehrte – ging es gleich wieder los und er würde sie mit Sicherheit noch mehr prügeln. Mit der Mutter war nicht zu rechnen, die war zu schwach. Sie spürte wie roter Zorn aus ihrem Bauch hochstieg. Diese Mutter, die keine war, sie empfand Verachtung für sie.  Wie konnte sie das alles zulassen?

Dann fiel ihr ein, dass in der Nähe des Nachbarhofes etwas entfernt eine Scheune war, da würde sie übernachten, da gab es Heu, das warm war und sie begann mit Renni wieder um die Wetter zu laufen. Unterwegs pflückte sie noch 2 Äpfel und noch nicht ganz reife Weizenkerne vom Feld für das Abendessen. Als es schon stark dämmerte, schlüpften die Beiden durch ein loses Brett in die Scheune, machten sich ein Bettchen zurecht – es duftete wunderbar. Das war weich und so bequem, vielleicht würde sie öfter hier übernachten oder für immer.

Sie huschten noch einmal raus in die Dämmerung zum nahegelegenen Bach und tranken das frische Wasser. Anschließend lagen Kind und Hund eng aneinander gekuschelt im Heubett und Amelie dachte: Sollten sie sich nur Sorgen machen und mal darüber nachdenken, warum ER immer sofort zuschlug.

 

In dieser Geschichte ist es sehr deutlich zu spüren, dass ein anderer Weg als „erdulden“ gewählt wurde. Innen-A. folgt diesmal ihrem natürlichen Impuls vor dem Geschlagenwerden durch die Türe zu laufen, wegzulaufen, den sie damals angstvoll nicht wählen konnte. Das Rennen (dem sich dann auch der liebte Hund anschließt) befreit (körperlich während des Schreibens deutlich zu spüren), nicht darauf zu hören was ihr für Drohworte hinterher gerufen wurden, fühlte sich erleichternd an. Zusätzlich war sie nicht allein, diesmal nicht – ihr Partner, der an ihrer Seite lief, war ihr Hundefreund, den sie liebte. Und auch die Lösung erst mal nicht zurückzukehren, und mit dem Hundehelfer, also wieder nicht allein, die Nacht zu verbringen, geschützt durch den Hund und die Wärme.

Auch in dieser umgeschriebenen Geschichte geht es darum, das alte Muster zu durchbrechen, die eingefrorene Reaktion wieder zum fließen zu bringen (mental und spürbar körperlich auch – während des Schreibens.

Thema: Freiheit

heute war wieder unser Gesprächskreis: Lebensphilosophische Betrachtungen und das Thema von heute war Freiheit. Wir beschäftigten uns ausgiebig mit der Definition von Freiheit und merkten, dass eigentlich die Freiheit erst so richtig wahrgenommen wird, wenn wir erlebt haben was Unfreiheit ist. (z.Bsp. Mandela im Gefängnis….)

Da wurde mir aktuell so bewusst und ich spürte es wirklich ganz doll – wie befreit ich mich fühle, seit ich weg bin von dieser letzten nicht empathischen Therapeutin, die mich erneut in die alte Gefangenschaft der Vergangenheit  führte. Und jetzt war ich so frei und hatte die Wahl und wählte – kein unnötiger Schmerz mehr – keine Wiederholung von erfolglosen Therapieversuchen mehr.

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