ich würde an den Therapeuten kein gutes Haar lassen…. und dass ich Therapie verteufle…
Nee, ganz so ist es nicht – leider – so leicht kann ich es mir nicht machen, wenn ich ehrlich bleiben will…. Nur weil ich so viele und wirklich schmerzhafte Erfahrungen damit gemacht habe – heißt das nicht, dass wir nicht auch davon profitiert und dadurch gelernt haben – viele wichtige Dinge. (Wir sind übrigens äußerst fähig „aus ALLEM“ zu lernen) Für manches sind Theras und Therapie sogar sehr gut.
Zum Beispiel finde ich Menschen, die schon mal Therapie gemacht – versucht – probiert haben (egal ob erfolgreich oder nicht) viel interessanter, viel reflektierter als Menschen, die denken Psychotherapie ist was für Verrückte. Sie wurden schon mal dahin geführt, dass es es da in uns etwas gibt – das es wert ist erforscht zu werden. Und die schlechten Erfahrungen damit, werfen einen zumindest auf sich selbst zurück auf die eigene Handlungsfähigkeit (bzw. Handlungsunfähigkeit), so dass man „in die Gänge kommt“ und nicht immer nur darauf wartet, dass Andere unsere Probleme lösen. Das ist viel wert, denn man kann Jahre damit zubringen (und verlieren) mit Warten auf den Prinzen, die Erlösung, die Hilfe von Außen..[nee auf ’nen Prinzen habe ich noch nie gewartet, die gibt es nur im Märchen].(spreche da aus eigener Erfahrung). Und durch das über sich selbst reflektieren habe ich auch gelernt, nicht nur bei mir die Zusammenhänge (z.B. über Körper und Seele… über die ständig wiederkehrenden Unglücke und Wiederholungen und Kreisen ohne Auswege) sondern auch bei anderen leichter zu erkennen, was wir uns mit unseren festgefügten Glaubensätzen und immer wieder in Resonanz gehen – mit dem Altbekannten – selber antun. Wissen ist halt Macht und Erfahrungen machen klüger.
Und ich finde auch die Zuwendung und Verstärkung des Fokus über den Umweg eines (auch wenn er nur ein bezahlter ist, aber ist irgendwie arm) Außenstehenden, doch eine Weile ganz (ersatz) befriedigend. Endlich jemand, der sich für einen (scheinbar) interessiert. Und der Fokus wird auf uns gelegt, endlich spielt man die Hauptrolle (nicht immer nur die Rolle des Statisten). Das ist für die meisten „geplagten Menschen“ ja eine völlig neue Erfahrung. Und neue Erfahrungen sind immer gut, die positiven wie die negativen (von den letzteren lernt der Mensch übrigens nachgewiesen am meisten). Es ist eine durchaus positive Erfahrung, wenn man wenigstens irgendwo auf dieser Welt – der Nabel der Welt ist, und sich alles nur um einen selber dreht ;-). Man fühlt sich erst mal gut damit – (ist sehr verführerisch) – und manche vielleicht auch lebenslänglich – aber bei mir ist das nicht lange förderlich. Es macht mich immer kleiner, abhängiger, unfähiger…
Zwar habe ich bis zu meinem 28sten Lebensjahr gebraucht, bis ich kapiert habe, dass ich mich selber wichtig genug nehmen muss, und Lösungen für meine Probleme (gelinde gesagt) finde, die Herausforderungen, die da so auftauchten (z.Bsp. als Alleinerziehende mit Kind und Beruf) annehmen muss. Als ich mit 36 einen „Rückfall“ bekam, weil ich partnerschaftliche Probleme hatte, die viel Altes aufrissen – wäre ich besser nicht in die „sondierenden“ Therapie-Gespräche gegangen, dann wäre mir erspart geblieben, dass nach 30 Jahren zum ersten Mal meine Missbrauchserfahrungen hochgekommen sind, mit verheerenden Folgen. Sie waren bis zu diesem Zeitpunkt alle im Verborgenen – wohl verwahrt in meinem so überaus kunstvollem Überlebenssystem. Inzwischen denke ich wirklich so (denn damit fing so richtig mein Unglück an. Von meiner Gewaltkindheit mit drastischen Vernachlässigkeiten und Abwertungen wusste ich ja immer, die waren nicht verborgen).
Mein „angereichertes“ Wissen während vieler Jahrzehnte inzwischen – sagt mir, dass es nur wichtig ist, die vielen Schrecklichkeiten aus der Vergangenheit zu bearbeiten (in einer Therapie), wenn die Gefahr einer Weitergabe an Kinder, andere Personen…. besteht. Ich habe mein Kind weder sex. missbraucht, noch geschlagen und vernachlässigt (mein pädagogisches Wissen in meiner Erzieherausbildung und mein Interesse für psychologische Zusammenhänge, haben mich davor bewahrt solches unbewusst weiter zu geben).
Meine Gewaltvergangenheit habe ich fast ausschließlich an mich selbst weitergegeben. Man könnte meinen, dass dies wohl auch therapiebedürftig gewesen wäre, hatte ich ja auch geglaubt – nur meine Erfahrungen – mit Therapie zeigten mir, dass ich ein Mensch geworden bin, der immer schon mehr zu Selbstwirksamkeit und eigenständigen Entscheidungen neigte – zu sehr gewohnt alles in Eigenregie zu lösen (denn da gab es niemanden in meiner Kindheit, der sonst für mich da war) und vielleicht auch zu stolz, um überall als Hilfsbedürftiger aufzuschlagen. Meine Versuche diesbezüglich gingen alle ziemlich schief und ließen mich immer unzulänglicher fühlen. Und das obwohl ich mit so vielen Fähigkeiten ausgestattet bin (trotz allem oder vielleicht auch wegen allem – Erfahrungen sind nicht immer nur zerstörerisch), das ist wirklich so, denn es wurde mir mein ganzes Leben immer von den Menschen, denen ich im Alltag begegnete -gespiegelt (keiner nahm mir ab, dass ich leide, schwach bin oder verzweifelt). Nur ich war außerstande all das Gute zu glauben – wegen all der negativen Glaubenssätze, die sie in mich hineingehämmert hatten. Ja, die sitzen tief – aber auch ohne Therapie kann man damit arbeiten – ohne gleich das ganze Lebensgerüst zum Einsturz zu bringen, wie das bei mir in Therapien in den jungen Erwachsenenjahren immer geschah, und auch in den letzten gescheiterten Versuchen recht nah kam.
Ich halte ernsthafte Freundschaften, Partnerschaften und meine Mitmenschen für die beste Art sich weiterzuentwickeln (auch Blog schreiben und Austausch ist dabei sehr hilfreich – es hat mehr Kraft sich schriftlich auszudrücken, es hat mehr Gültigkeit als nur zu Denken). Und am allermeisten hat mich die Verantwortung für mein Kind geprägt und mich im Eilzugtempo erwachsen und selbstwirksam werden lassen. Das Letztere ist wirklich eine „Turbo-Nacherziehung und Reifung.“ Die Verantwortung für so ein kleines Wesen, das völlig abhängig ist von dir, beschleunigt sehr schnell, dass du dich auf das Wesentlichste und Wichtigste fokusierst.
Vielleicht bin ich ein Sonderfall im Bezug auf sich ‚helfen-lassen‘ – ich bin eigenwillig, habe meine eigenen Lösungsvorstellung und wehre mich kraftvoll gegen „Unlogisches – Unverhältnismäßiges – Nutzloses – gewaltvolle Wiederholungen – fremdbestimmendes Verhalten von Anderen“ (sprich Übergriffigkeiten). Möglicherweise kann ich keine fremden Ratschläge und Zwänge von bezahlten Therapeuten annehmen, weil ich als Kind schon immer die besseren, hilfreicheren Strategien als meine Umfeldmenschen hatte. (Ich hatte ja das „Glück“ eine sehr einfache Mutter und einen Verrückten als Stiefvater zu haben) Es war sehr wichtig für mich den Dingen auf den Grund zu gehen, selbst zu lernen und nicht alles zu glauben – nicht jede Expertenmeinung ohne Abgleich mit meinen Erfahrungen zu übernehmen. Aber egal!
Das ist MEIN Leben, mag es sich auch schwer, schmerzhaft und manchmal unerträglich anfühlen – es ist meines – es ist weitgehend selbstbestimmt, darauf bin ich stolz. Und wenn ich auch weiß, dass ich es mir leichter machen könnte – z.B. in Punkto mehr Hilfe annehmen von Außen (das fällt mir echt immer noch verdammt schwer – auch von Freunden) es ist Teil meines Lebens und hat mich auf meine ganz eigene Art selbstbewusst gemacht und auf die ich stolz bin und auf das was ich geschafft habe – aus eigener Kraft und durch die Lehren des Lebens, die ich gemeistert habe. Nun, ich bin nicht grade ein Computerass und auch keine Mathematikerin, aber da ist noch einiges, was ich gut kann. Und dass ich nebenbei sogar noch viel Gutes an Andere und die Welt weitergeben konnte, erfreut mich sehr.
Nachtrag: Und denkt daran, das ist nur mein Blog – meine Aussagen – über mich – meine Gedanken – nicht geeignet für jeden anderen – bitte nicht vergleichen. Es ist mein ganz individueller Weg und seine Schilderung – mit all den Erfahrungen und Sichtweisen, entstanden aus meinen unbewussten Impulsen des Überlebens als Kind und Jugendlicher – und dem was ich im Laufe meines Lebens daraus gemacht habe. Jeder ist verantwortlich für seinen eigenen, individuellen Weg, jeder muss ihn selbst finden und ihn gehen, so wie er glaubt, so wie er Erfahrungen macht, mit seiner Art und seinem Schicksal. Da gibt es auch kein richtig oder falsch.