In einer Zeit vor unserer Zeit

So ähnlich heißt der süße Zeichentrickfilm mit den Dinosaurieren, – ich hab den Titel ein wenig abgewandelt – bei mir müsste es heißen: In einer Zeit vor dieser Zeit, als ich noch in der DIS-Diagnose-Schleife festhing, war alles schlimmer, wirklich alles. Diese Zeit damals finde ich fast noch schlimmer als die Zeit als Kind. Damals rettete mich meine Unwissenheit, meine Fähigkeit alles zu verdrängen, mein Gefühl, dass ich eh nichts ändern kann.

Aber kann ich es mir tatsächlich verzeihen, dass ich als Erwachsene tatsächlich trotz mehr Möglichkeiten zu Wissen, uns zu besinnen, trotz dem ich mit meinen Beobachtungen  hätte besser herausfinden können, andere Schlüsse daraus ziehen – trotzdem ich doch weiß, dass ich als Erwachsener mehr Möglichkeiten habe, nicht mehr so hilflos bin, wie damals als Kind – trotz des Wissens darum, dass ich damit, dass ich das Leid stetig in mir wiederhole, es geradezu suche, so lange glaubte, dass der beste Weg ist das Leid fortzusetzen? Weiter zwanghaft Erfahrungen aus der Kindheit wieder zu beleben, und Geschehnisse versuchen an die Oberfläche zu holen, die wir niemals mehr mit Sicherheit bestätigen können. Reine Zeitverschwendung ist – Lebenszeitverschwendung über Jahre. Wenn ich bedenke wie viel Menschen mit der DIS-Diagnose viele, viele Therapien haben, manchmal mehr als 10 Jahre oder inzwischen gar nicht mehr ohne Therapie glauben leben zu können, weil sie nur den Fokus auf „geholfenwerden“ richten – sie haben es verlernt bei sich zu suchen und zu finden. Sie kommen gar nicht mehr auf die Idee, dass in ihnen doch die beste Hilfe wohnt und sie nur den Hebel umdrehen müssten.

Und das alles – obwohl wir doch nicht geistig behindert sind, unser Verstand doch eigentlich sogar ganz gut ist. Ich kenn soviele DISler, die kluge Sachen von sich geben, gute Beobachtungen machen, ganze wissenschaftliche Bücher zu diesem Thema lesen und wiedergeben können, aber trotz unentwegter Innenschau, sich nicht befreien können!

Ich weiß wovon ich rede – ich gehörte ja lange dazu! Was unterscheidet die DISler, die sich befreien konnten, in Selbstwirksamkeit ihr Leben in Freude aufgenommen haben? Sind die klüger? Sind die weniger zerstört worden oder vielleicht mehr, weil ihnen nichts anderes übrig blieb – weil ihnen niemand half und sie es endlich merkten, dass es der falsche Weg ist (nur auf ihre Heilung zu warten, die niemals kommt), der sie in den Tod führt?  Haben sie eine Pioniermentalität, oder besitzen sie mehr Mut oder Energie? Ich weiß es nicht!

Vielleicht werde ich es irgendwann wissen, aber eigentlich ist das für mich nicht mehr wichtig – vor einem Jahr oder länger wäre es wichtig gewesen, um mich eher befreien zu können. Dieser Blog handelt von Alternativen zur Therapie und er zeigt auch auf, welche Möglichkeiten in diesen reichhaltigen Angeboten des Lebens stecken (Methoden zur Selbsterforschung, Selbstwirksamkeit, Sich-anders-erfahren, Neues kennen zu lernen, Hilfreiches selbst auszuprobieren, zu sich selber stehen lernen, spirituelle Entwicklung – Weiterentwicklung zu erleben, Erweiterungen im Denken und Handeln u.v.m. da ist soviel Hilfreiches, was es in der heutigen Zeit gibt. Da ist es aber auch unerlässlich, das Vergangene und das jetzige Neue in einen Zusammenhang zu bringen.

Früher hatten die Menschen nicht die vielen Möglichkeiten, die heute in der digitalen Welt angeboten werden z.Bsp. Blog schreiben, Online Seminare bei Dami Charf z.Bsp. oder Kurse zu machen, ja nicht mal Therapie (und wer hatte schon bei all den Sorgen und der vielen Arbeit damals noch Zeit und vielleicht mangels Bildung, Fachliteratur zu lesen) stand für die meisten zur Verfügung, wo man sein Wissen hätte erweitern können, oder einem die Idee kam, dass die automatischen Handlungen, die seit Generationen unbewusst weiter gegeben wurden, zu hinterfragen. Es ist leicht die damaligen Täter zu verurteilen ohne sich die Zeit zu nehmen, ihre Schicksale und geschichtlichen Hintergründe zu beleuchten. Wenn wir da nur schwarz und weiß sehen, tun wir nicht minder Unrecht und werden zu Tätern anderer Art. Ich höre schon die Stimmen in meinem Kopf von einigen Lesern aus der DIS-Welt „das ist Täter loyales Denken“ – Sich auch über größere Zusammenhänge (über den eigenen Tellerrand zu gucken) Gedanken zu machen, enthebt diese Täter nicht ihrer Verantwortung, lässt uns aber konstruktiver in die Welt schauen, denn durch Schuldzuweisungen hat sich die Welt noch nie verbessert. Da benötigt man einen Verstand, der frei ist von Vorurteilen, der auch mal mit Mitgefühl die Realitäten betrachtet, auch wenn sie uns nicht gefallen.

Wer als DISler in Verantwortung steht, z.B. Kinder hat, einen 8 Stunden-Tag bewältigen muss, die Familie zusammenhalten und womöglich noch Alleinerziehender ist und in diesem Leben nicht untergehen will – der hat gar keine Zeit Fachliteratur zu lesen oder sich nur um sein Leid zu kümmern. Man nimmt seine Alltagspersonen (die gar keine so schlechte Lösung sind, nämlich ein nützlicher Teil unseres Überlebenssystem), und schaut, dass man sein Bestes gibt. Das ist Realität und die teilen alle seelisch Verwundeten in dieser Welt mit Milliarden Unglücklicher, denen es innwendig genauso geht wie uns und versuchen ihr Bestes draus zu machen.

Ja, die Wege des Menschen sind vielfältig und viele davon sind kraft – und zeitvergeudend. Aber ich stehe dazu – mit leichten Bedauern immer noch – um die verlorene Lebenszeit. Aber Trauer ist auch in diesem Prozess etwas Gesundes, um ein für alle Mal – wirklich – den neuen Weg gehen zu können, müssen wir das Alte ehren, aber dann ihm den Rücken zudrehen – das ist Loslassen.

Ich sage nicht, dass es ein leichter Weg ist – im Gegenteil – besonders für uns DISler, aber mich machte es selbstbewusster und heiler, dass ich jetzt selbst verantwortungsvoll mein Leben gestalten kann und mich nicht mehr hilflos fühle. Es ist notwendig für mich diesen Prozess der Loslösung hier nieder zu schreiben, die Realität ist manchmal hart, aber nur wenn wir uns nichts mehr vormachen und alle Innen-Anteile es kapiert haben, dass es keinen Weg mehr zurück ins alte Elend gibt, das wir für das bessere Elend hielten – weil wir es soooo lange kannten – werden wir frei von den alten Horrorgeschichten in uns.

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6 Gedanken zu “In einer Zeit vor unserer Zeit

    • Oh ja, das habe ich auch schon öfter gedacht – Donald Walsch (den ich für sehr weise halte) sagt das auch…. und auf irgendeiner Ebene ist mir das auch klar – denn ich glaube eigentlich, dass Zeit in einer anderen Dimension (der Spirituellen) keine Rolle spielt. Man brauch so lang wie man eben braucht, macht Umwege, wenn unser System nichts anders zulässt. Leider erlebe ich es derzeit so (wider besseres Wissen), dass ich gerne – gerade jetzt – wo ich aufgewacht bin – noch ein wenig mehr „glücklichere“ Zeit zur Verfügung hätte…. aber das liegt wohl daran, dass es eine andere Rolle spielt, wenn man den ‚Zenit‘ überschritten hat und nicht mehr so viel Jahre zur Verfügung hat.

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