Depaak Chopra sagt, wir können alles ändern im Jetzt! Das ist eine Aussage! Kaum zu glauben. Ja, die Vergangenheit können wir nicht ändern – wir können sie im Jetzt anders bewerten. Wir können unsere Gedanken auf etwas weniger ‚Bedauernswertes‘ (unser erlittenes) richten. Wir können aufhören im Jetzt, uns defizitär zu fühlen, den Fokus auf all das Schöne zu richten, das uns umgibt. Wir müssen nicht immer auf die vielen Sch….Haufen den Blick richten, der uns blind macht für alles Schöne. Warum sind so viele Menschen – so hypnotisiert von Zuständen, die schon ewig zurückliegen?
Wenn ich ehrlich bin, in dem Moment könnte ich mindestens 50 Dinge sofort aufzählen, die grade jetzt in Ordnung sind. Ich habe die Wahl und sofort stelle ich fest, dass ein Gefühl von Dankbarkeit hoch kommt (wenn ich den Blick darauf richte, ihn richten will) – das habe ich schon tausendfach erlebt, aber immer wieder kehre ich zurück zu den defizitären Geschichten, den längst vergangenen Schrecklichkeiten in meinem Leben. WIESO? Wer oder was zwingt einen dazu?
Eigentlich ist es absurd, denn vieles von dem was ich aus meiner Vergangenheit weiß, hat im Heute überhaupt keine Bewandtnis mehr – keine Auswirkungen mehr, stimmen nicht mehr. Niemand wird mich wieder schlagen, und wahrscheinlich auch nicht missbrauchen, oder mich vergewaltigen, mich zu verhasster Arbeit zwingen, oder mit Menschen zusammen zu sein, die mir nicht gut tun. Ich habe nicht viel Geld, aber soviel, dass ich auskomme, sogar Mitgliedsbeiträge bei Greenpeace und einem Solidarverein für noch ärmere Menschen zahlen kann. Ich habe genug zu Essen, ein Dach über dem Kopf, bekomme Wohngeld, und kann hingehen wo ich will, mir die Leute aussuchen, mit denen ich zusammen sein will, kann wählen gehen, werde nicht verfolgt oder muss Scharfschützen ausweichen, wenn ich die Wohnung verlasse, ich bin nicht von Bomben bedroht – höchstens von Autos, die mich überfahren könnten, wenn ich nicht achtsam bin. Kann in Freiheit leben, die Natur genießen, den Vögeln lauschen, im Blog meine Meinung kundtun. Warum also sollte ich mich mit den quälenden Dingen aus der Vergangenheit beschäftigen? Um Therapeuten zu bereichern? Um mich ständig (auch wenn grad kein Grund da ist) mit der Vergangenheit zu beschäftigen und mich schlecht zu fühlen?
Es gibt doch wahrlich genug unvorhergesehens Unangenehmes auch in unserem Wohlstandsland (soviele Menschen haben nichts von all dem was ich da aufzählte). Der ketzerische Gedanke taucht gerade auf: ja wir können es uns leisten, dass wir Dinge immer noch aus der Vergangenheit beleben – weil es uns relativ gut geht. Als es uns in der Vergangenheit als Kind schlecht ging – hatten wir gar keine Chance das Elend wahrzunehmen, wir waren mit überleben beschäftigt, suchten uns Nischen, wo es uns gut kurze Zeit gut gehen konnte, wir uns ein wenig erholen konnten – wenigstens ein wenig und waren dankbar für jeden Tag, wo es keine Schläge gab, wo wir genug zu essen hatten, mal satt wurden, eine gute Note bekamen in der Schule, die Eltern grad mal nicht da waren und wir ungestört tun konnten was wir wollten. Wir waren glücklich über die vielen kleinen Dinge, die schön waren: wir freuten uns wenn wir die Raupe beobachten konnten, die sich grade zum Schmetterling entpuppte, über die Tafel Schokolade, die ein mitleidiger Nachbar uns zu kommen ließ, oder wir waren außer uns vor Freude, dass irgend ein Mensch heimlich einen Karton an Weihnachten vor die Türe stellte, indem eine Puppe und anderes Spielzeug war (eine Puppe, die wir uns nicht hätten leisten können- mit echtem Haar, mit dem wir lernten Zöpfe zu flechten), wir waren so glücklich wenn wir mal ein Lob vom Lehrer bekamen, das hielt tagelang an und machte uns stolz. Wir waren überglücklich, wenn wir noch altes Brot bekamen beim Bäcker (obwohl wir dort eigentlich wegen der Schulden nicht mehr anschreiben lassen konnten), das wir in Scheiben erst in Wasser einweichten und dann auf den Holzofen legten um es ein wenig es knusprig zu rösten.
Das sind nur einige Dinge aus meiner Generation, die sich die Jüngeren gar nicht mehr vorstellen konnten – da gab es noch keine Sozialhilfe für die Armen, kein Wohngeld, und die Frauen keine Renten, denn sie hatten ja nicht gearbeitet – nur Kinder gekriegt. Auch damals zahlte der Staat keine Therapien, man bekam vielleicht einen Rollstuhl, wenn man kriegsversehrt war.
Ja, alles ist relativ – aber ehrlich mich wundert nicht, dass es in sog. armen Entwicklungsländern so viel mehr Fröhlichkeit und Gastfreundlichkeit gibt, wo man öfter auf menschenfreundliche Wesen trifft, als in unserem sog. Wohlstandsland.
Der Unterschied? Ich glaube die Unzufriedenheit liegt vor allem in dem Gefälle zwischen Reich und Arm – zwischen Gesund und Krank – zwischen Gutverdienenden und Arbeitslosen….. Wenn alle arm sind gibt es mehr Solidarität und es wird weniger ausgegrenzt und in den reichen Ländern – geht es hauptsächlich um den Mammon und alle Werte werden dem seit Jahrzehnten immer mehr geopfert. Wir Deutschen sind wirklich richtig arm.